Fußgängerzone Minden


STADT

Konzept

MINDEN – UNVERWECHSELBAR

Die vorliegende Arbeit entwirft die Fußgängerzone in Minden sowohl für die kommerziellen Ansprüche der Händler und Gewerbetreibenden, als auch nach dem historischen Bild. Die 1200 jährige Geschichte Mindens bildet die Vorlage und den Hintergrund für die Neugestaltung. Der mittelalterliche Dom und die Kirchen prägen das Stadtbild bis heute. Der freiraumplanerische Entwurf arbeitet behutsam die Merkmale der historischen Innenstadt heraus. Die ehemals lehmgestampften Straßen und Gassen erhielten zunächst schmale Laufstreifen aus Natursteinpflaster und Lehmziegeln, bevor sie um das 19. Jahrhundert gepflastert wurden. Diese Laufstreifen den heutigen Ansprüchen anzupassen und zu akzentuieren stellt der Entwurf heraus. Der Entwurf führt die Materialien und Einbauten auf das erforderliche und notwendige Maß zurück. Ein abgestuftes Beleuchtungskonzept aus historischen Leuchten, Mastleuchten und hängender Beleuchtung inszeniert und akzentuiert die Straßenräume entsprechend ihrer Bedeutung.
Die Aufwertung abseits der kommerziellen Bedürfnisse wird durch eine bewusste Anreicherung mit Informationen zur Kulturstadt, Spiel- und Aufenthaltsqualitäten erreicht. Die Fußgängerzone bindet sich in ein Geflecht aus unterschiedlich qualifizierten Freiräumen ein – verkehrsfreie Gassen, vielbefahrene Straßen, grüne Höfe und steinerne Kirchplätze. Besonders die abseitig der Flaniermeile gelegenen versteckten, kleinen Plätze stellen ruhige, abseitig des Trubels der Einkaufsmeile gelegene Orte dar, die es für die Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln und besser mit der Fußgängerzone zu verknüpfen gilt.

Die vorliegende Arbeit entwirft die Fußgängerzone in Minden sowohl für die kommerziellen Ansprüchen der Stadt, der Händler und Gewerbetreibenden, nach dem historischen Bild der Mittelalterlichen Stadt und für die Benutzung durch die Bürger und Besucher Mindens. Die 1200 Jahre alte Geschichte der Stadt Minden bildet die Vorlage und den Hintergrund für die Neugestaltung. So sind neben den Wallanlagen viele weitere Baudenkmäler in der Stadt erhalten und zu besichtigen. Der mittelalterliche Dom und die Kirchen prägen das Stadtbild bis heute.
Der freiraumplanerische Entwurf arbeitet behutsam die Merkmale der historischen Innenstadt heraus. Die ehemals lehmgestampften, zwischenzeitlich gepflasterten Straßen und Gassen mit schmalen Laufstreifen aus Pflaster und Lehmziegeln werden den heutigen Bedürfnissen entsprechen verbreitert und mit Platten belegt. Der Entwurf inszeniert die Dreiteilung der historischen Straßen neu und schlägt eine Gestaltung mit fassadenbegleitenden  „Laufstreifen“ aus Betonvorsatzplatten und mittig verlaufenden Natursteinpflaster vor. Sowohl Lauf- als auch Mischstreifen gewährleisten ein bequemes Gehen, sie unterscheiden sich in der Grobheit der Struktur. So wird für die Laufstreifen ein hochwertiger Plattenbelag in den Formaten 60/40 bzw. 60/30 vorgeschlagen, für die Mischstreifen ein Pflastermaterial aus Großsteinen 20/30. Die links und rechts angeordneten Laufstreifen induzieren klare Bewegungslinien. Sie sind breit genug dimensioniert um zusätzlich notwendige Auslagen der Händler aufzunehmen (die Abgrenzung geschieht über Gravuren in der Plattierung). Logistik und Rettung geschehen über die gepflasterten Mittelstreifen (Bauklasse IV).
Durch die wohl abgestimmte Mischung verschiedener Natursteinmaterialien entsteht ein farblich leicht changierendes aber gleichzeitig homogenes Bild, das spannungsvoll mit den historischen Fassaden korrespondiert. Die in Minden traditionell eingesetzten Materialien Sandstein, Grauwacke und Porphyr und deren Dimensionen bilden die Grundlage für die Neugestaltung. Sie fügen sich wie selbstverständlich in die erhaltenen Beläge von Domplatz und Markt ein. Zur Zeit wird die Wirtschaftlichkeit durch Platten aus Beton mit Natursteinvorsatz und Pflaster aus Granit erreicht. In die Laufstreifen werden an wichtigen Orten wie dem Alten Rathaus Aufmerksamkeitspunkte für Blinde integriert. Die Entwässerung erfolgt flächendeckend mit Schlitzrinnen. In den aufgeweiteten Bereichen mit starkem Quergefälle wie dem Scharn und dem Kaak wird zusätzlich in eine offene Rinne mit Punkteinläufen entwässert. Die Abtrittroste an den Hauseingängen werden an die Entwässerung angeschlossen. Der Entwurf gibt den Abschnitten der Fußgängerzone je nach Querschnitt und Funktion eine angepasste Beleuchtung. Flächige Beleuchtung in den Gassen Bäckerstraße, Obermarkstraße und Marienstraße wird über abgehängte Beleuchtung hergestellt, vorhandene historische Mastleuchten bleiben erhalten. Die aufgeweiteten Bereiche am Wesertor und Scharn erhalten ergänzend zu den bestehenden historischen Leuchten moderne Mastleuchten. Die historische Bedeutung des Kaak wird  durch die vorgeschlagene Gestaltung betont, die Beleuchtung wird durch historische Leuchten inszeniert. Besondere Orte werden mit vierarmigen Kandelabern ausgestattet, die in der Altstadt an anderer Stelle bereits zum Einsatz kommen. Zusätzlich erzeugen temporäre Beleuchtungssituationen (z.B. Weihnachtsbeleuchtung), Akzentbeleuchtungen (Bauwerke u.ä.) – evtl. auch durch Variabilität bei Farbe und Intensität – spezielle Lichtstimmungen erhöhen die Attraktivität der Innenstadt. Die Bewegungsabläufe im Straßenraum sind durch die wahllos herumstehenden Reiter, Aufsteller und Verkaufsstände gestört. Die Ausstellflächen sollten für den Regelfall auf einen bis zu 1,50m breiten Streifen entlang der Gebäude begrenzt werden. Ausnahmen bedürfen einer Einzelprüfung. Die Aufstellung von Werbeflächen, die Anbringung von Werbeflächen an den Gebäudefassaden, die temporäre Ausstattung des öffentlichen Freiraums sollte insgesamt durch eine Gestaltungssatzung geregelt werden. Die Fußgängerbereiche, als Visitenkarte der Stadt werden durch diese notwendige Reduzierung optisch beruhigt. Bürger, Händler und Besucher bestimmen durch gemeinschaftlichen Beschluss das Maß und die Notwendigkeit der temporären und dauerhaften Werbe- und Aufstellflächen. Die Aufwertung abseits der kommerziellen Bedürfnisse wird durch eine bewusste Anreicherung mit Informationen zur Kulturstadt, Spiel- und Aufenthaltsqualitäten erreicht. Gleichzeitig schlägt der Entwurf vor, den Bereich der Fußgängerzonen deutlicher als Teil der Altstadt hervorzuheben. Die Fußgängerzone bindet sich in ein Geflecht aus unterschiedlich qualifizierten Freiräumen ein – verkehrsfreie Gassen, vielbefahrene Straßen, grüne Höfe und steinerne Kirchplätze. Besonders die abseitig der Flaniermeile gelegenen versteckten, kleinen Plätze stellen ein großes Potenzial für Aufenthalt, Spiel und Gemeinwesen im öffentlichen Freiraum der inneren Stadt dar.

AUFTAKT UND BÄCKERSTRASSE

Nähert man sich von der Weserbrücke bildet ein sanft geneigter, offen gestalteter Bereich einen Auftakt und Treffpunkt am ehemaligen Wesertor. Ein Wassertisch schiebt sich aus dem Boden und ist als „Weserspiegel“ vielfältig erlebbar. Die interaktiv gesteuerte „kleine Wasserorgel“ ist Spiel- und Blickpunkt zugleich. Die sprudelnden Wasserfontänen (mit einer Höhe von 0,50 bis 1,50m) geben eine auditive Ablenkung zum Verkehrslärm des Klausenwalls. Der Weserspucker findet in diesem Rahmen einen neuen Standort. Um die bestehenden Platanen angeordnete Sitzbänke laden zum Treffen und Verweilen ein. Im Zuge mit der Entwicklung der angrenzenden Gebäude zum großflächigen Einzelhandel schlägt der Entwurf den Rückbau des eingeschossigen Gebäudes am Zugang zur Tränke vor. Die entstehende Öffnung würde eine deutliche Verbesserung für die visuelle Verbindung zum unterirdischen Durchgang herstellen. Im Zuge der weiteren Entwicklung könnte der Platz „An der Tränke“ auch zum Atrium umgestaltet werden. Die folgende Bäckerstraße ist teilweise nur acht Meter breit. Sie wird von aufragenden Einbauten weitgehend frei gehalten. Die wichtigsten Bezüge in die umgebenden Gassen und Plätze werden taktil und subtil über eine Unterbrechung im Pflasterbelag hergestellt. Zusätzlich gibt es in den Bodenbelag eingelassene Metallplatten, die als Min+Din-Steine sowohl Besonderheiten in der Fußgängerzone inszenieren (beispielsweise das Haus Bäckerstraße 45 und das „Haus Hagemeyer“) als auch auf besondere Orte in der näheren Umgebung verweisen (Dom, Simeonskirche, Rathausplatz, Martinikirchhof, Johanniskirchhof).

SCHARN UND STÄNDEPLATZ

Am nördlichen Ende mündet die Bäckerstraße in den Poos/Scharn und in die Marienstraße. Dieser Ort ist ein wichtiger Knotenpunkt in Mindens Altstadt. Eine künstlerische, themengebundene Objektarbeit könnte dem Ort zusätzliche Kraft geben. Am Scharn wird der historische Stadtgrundriss inszeniert: Die den Bereich ehemals in 2 schmale Gassen trennenden Gebäude lässt der Entwurf zwischen Altem Rathaus und Bäckerstraße durch Streifen im Belag wieder sichtbar werden. Am sogenannten Ständeplatz tritt ein ehemaliges Haus durch breite Sitzmauern auch vertikal in Erscheinung. Dies gibt diesem zentralen Ort Aufenthaltsqualität und ermöglicht es außerdem, das starke Quergefälle abzufangen. Dem Scharn fehlt es derzeit an Großzügigkeit und Offenheit. Unser Entwurf öffnet und inszeniert den Raum, macht ihn durchlässiger und schafft zusätzliche Spiel- und Aufenthaltsqualitäten. Geschickt in den Boden eingelassene Spielpunkte schaffen Angebote (Klangspiel, Schachbrett, Trampolin) und eine schlichte Möblierung mit Bänken (demontierbar), Abfallbehältern und Fahrradbügeln runden die Gestaltung ab. Durch den Verzicht auf einige der Platanen (acht Stück) gelingt es, den Raum freundlicher und heller zu machen und gleichzeitig die momentan versteckten Eingänge in die angrenzenden Passagen hervorzuheben.
Obermarktstraße und Kaak – Über den Marktplatz gelangt der Besucher wiederum in einen schmalen Abschnitt der Fußgängerzone, die Obermarktstraße. Wie in der Bäckerstraße wird hier auf Einbauten verzichtet, der neue Belag verleiht der in die obere Altstadt führenden Gasse jedoch einen neuen Glanz und Unterbrechungen in der Pflasterung machen auf angrenzende Gassen, z.B. zum Busbahnhof (ZOB) aufmerksam. Am Ende der Gasse bilden die Gebäude einen kleinen Platz. Hier befand sich vor vielen Jahren der Pranger der Stadt Minden, der Name Kaak verweist darauf. Dies ist der Endpunkt der Fußgängerzone. Der Entwurf gestaltet den Kaak als ruhigen, offenen Platz. Eine künstlerische Inszenierung der geschichtlichen Funktion des Platzes ist wünschenswert. Das westlich bestehende Podest erhält einseitig eine Fassung mit einer breiten Sitzmauer. Eine belebende Nutzung als Café- oder Sommergarten würde den Ort bereichern, steht jedoch im Zusammenhang mit der benachbarten Passage. Der an dieser Stelle prägende Baum erhält ein Sitzmöbel, so dass der Ort auch ohne Café als Treffpunkt funktioniert.
Umsetzbarkeit – Das Konzept lässt sich in drei Bauabschnitten innerhalb des vom Auslober angesetzten Kostenrahmens umsetzen.

Auftraggeber
STADT MINDEN
Bausumme Größe
CA. 2.100.000 EURO CA. 1,4 HA
Projektzeitraum Leistungsphasen
2011
Art
STADT
Standort
MINDEN, EUROPA
Wettbewerb
 
Partner
BODE-WILLIAMS+PARTNER